Mycoplasma hyopneumoniae
RUBRIK WISSEN
Der Erreger
Mycoplasma hyopneumoniae (M.hyo) ist als Primärerreger der Enzootischen Pneumonie (EP) einer der weltweit am weitesten verbreiteten und ökonomisch bedeutendsten Krankheitserreger des Schweins.
Mycoplasmen sind die kleinsten freilebenden und selbständig vermehrungsfähigen Organismen. Das winzige Genom von M.hyo umfasst je nach Stamm nur zwischen 893 und 920 Kilobasenpaarei (Zum Vergleich: das Genom von E. coli ist mehr als 5x so lang). Im Gegensatz zu anderen Bakterien fehlt diesem Erreger eine echte Zellwand, was ihn unempfindlich gegen viele herkömmliche antibiotische Wirkstoffe macht. Aufgrund seines komplexen Nährstoffbedarfs und des hohen Kontaminationsrisikos der Kulturen ist M.hyo nur schwer anzuzüchten, wächst außerordentlich langsam und bildet sehr kleine Kolonien, die im Gegensatz zu anderen Mycoplasmenspezies nicht die sonst typische spiegeleiartige Kolonieform aufweisen.ii
Infektion
Die Übertragung von M.hyo erfolgt als Tröpfcheninfektion von Tier zu Tier oder über erregerhaltige Aerosole der Atemluft, die über Entfernungen von mehreren Kilometern Infektionen verursachen können.4 In M.hyo-negativen Beständen stecken sich Schweine aller Altersgruppen an. In Herden, in denen der Erreger seit längerem präsent ist, infizieren sich vor allem Ferkel in den ersten Lebenswochen.
Der Kontakt unterschiedlicher Altersgruppen untereinander hat sich als besonderer Risikofaktor erwiesen. Hier zirkuliert der Erreger nicht selten zwischen den Sauen, Ferkeln und Jungsauen sowie später in der Mast zwischen frisch eingestallten Läufern und Schweinen in der Endmast. Tatsächlich infizieren sich die Schweine zwar meist im Ferkelalter, sie erkranken aber häufig erst nach der Umstallung in die Mast. Klinisch manifeste Erkrankungen im Ferkelalter kommen vor allem in Beständen mit kontinuierlicher Belegung, hoher Erregerlast bei den Sauen und gleichzeitiger Zirkulation von PRRSV vor.
Erkrankung
Seine krankmachende Wirkung beginnt M.hyo auf der Oberfläche der Schleimhäute der oberen Atemwege von der Luftröhre bis zu den Bronchiolen, wo er sich an der Oberfläche der Flimmerhärchen (Zilien) anheftet. Die Zilien spielen eine zentrale Rolle bei der Abwehr von Atemwegserkrankungen, indem sie die oberen Atemwege ständig von eindringenden Krankheitskeimen, Schmutz und Staub frei halten (mukoziliäre Clearance). In der Folge führt der Erreger zu degenerativen Veränderungen und schließlich zum Verlust der Zilien. Diese können ihre Reinigungsfunktion nicht mehr ausüben und die Ansiedlung anderer Pathogene wird erleichtert. Darüberhinaus werden die lokalen Abwehrmechanismen der Lunge durch verschiedene immunsuppressive und immunpathologische Effekte geschädigt und begünstigen Sekundärinfektionen zusätzlich.iii,iv
M.hyo fungiert darüber hinaus durch seinen negativen Einfluss auf das Abwehrsystem des Schweines als Wegbereiter für Sekundärinfektionen mit anderen Pathogenen wie beispielsweise dem Porcine Respiratory and Reproductive Syndrome Virus (PRRSV) oder dem Porcinen Circo Virus Typ2 (PCV2) sowie bakteriellen Erregern, wie Pasteurella multocida, Bordetella spp., Actinobacillus spp. und Hämophilus parasuis.
Die Symptome einer EP sind unspezifisch und unspektakulär. Sie ist durch eine milde Lungenentzündung (Pneumonie) mit trockenem Husten als Hauptsymptom und einem chronischen Verlauf mit hoher Durchseuchungsrate (Morbidität) bei geringer Sterblichkeit (Mortalität) gekennzeichnet.
Obwohl die EP bei Schweinen jeden Alters auftreten kann, wird sie hauptsächlich bei Mastschweinen klinisch sichtbar. Nach einer Inkubationszeit von ein bis drei Wochen ist trockener Husten, der v.a. beim Auftreiben der Schweine zu hören ist („Begrüßungshusten“), zunächst das einzige klinische Symptom. Dieser Husten kann über ein bis zwei Monate andauern. Pathologisch ursächlich für die Symptomatik ist eine katarrhalische Pneumonie mit Exsudat in den Luftwegen. Bei der Sektion fallen makroskopisch sichtbare, scharf abgegrenzte Läsionen in den Spitzen- und Mittellappen der Lunge auf. Da sich die Infektion von Schwein zu Schwein fortpflanzt, kann die jeweilige Gruppe über die gesamte Mastdauer krank erscheinen. Insbesondere im Zusammenhang mit Sekundärinfektionen nimmt die Futteraufnahme ab und die durchschnittlichen Tageszunahmen sinken.
Als Goldstandard für die Diagnose einer Mycoplasmen-Pneumonie gilt die Kultur von M.hyo, die aber aufgrund der Schwierigkeiten bei der Anzüchtung nicht zur Routinediagnostik genutzt wird. Ein Nachweis von Antikörpern im Blut ist zwar einfach, hat aber wenig Aussagekraft und ist zu diagnostischen Zwecken nur bei hoher Stichprobenanzahl oder zur Ausschlußdiagnostik in negativen Beständen geeignet. Der direkte Erregernachweis erfolgt heute meist über eine Polymerasekettenreaktion (PCR), die zwar die Anwesenheit von M.hyo nachweist, aber keine Schlußfolgerung darüber erlaubt, ob der Erreger für das beobachtete klinische Bild verantwortlich gemacht werden kann. Ursächlich beweisend für die Erkrankung ist ein solcher direkter Erregernachweis nur in Verbindung mit dem typischen klinischen, pathologisch-anatomischen und histologischen Bild (Mosaikdiagnostik).
Begleitfaktoren
Sekundärinfektionen mit bakteriellen Ko-Erregern wie Pasteurella multocida, Bordetella bronchiseptica, Hämophilus parasuis oder Actinobacillus pleuropneumoniae können zu einer komplizierten Pneumonie mit feuchtem Husten, hohem Fieber und schwerer Atemnot, Brustfell- und Herzbeutelentzündung führen. Auf der anderen Seite beeinflusst die Infektion mit M.hyo auch die Dauer und Schwere von viralen Erkrankungen negativ, wie zum Beispiel PRRS oder Circovirose. So kann es zu schweren Krankheitsverläufen mit Fieber, Lethargie, Atemnot und Appetitlosigkeit bis hin zu Todesfällen kommen.
Die Ausprägung der klinischen Symptome hängt nicht nur von Sekundärinfektionen mit anderen Pathogenen ab, sondern wird ganz entscheidend von den Haltungsbedingungen, dem Stallklima und mutmaßlich auch der Virulenz der verschiedenen Stämme von M.hyo beeinflußt.4
Man schätzt, dass sich die jährlichen wirtschaftlichen Verluste durch Infektionen mit M.hyo weltweit in Millionen- bis Milliardenhöhe bewegen. In einem Übersichts-Artikel kommen die Autoren beim Vergleich verschiedener Untersuchungen von Schweineherden mit EP auf einen durchschnittlichen Rückgang der täglichen Zunahmen von 17% und einer durchschnittlichen Abnahme der Futterverwertung um 14%.v Zum Verlust am Ertrag und den Futterkosten kommen die Kosten für Diagnostik und Behandlung der Tiere.
RUBRIK MASSNAHMEN
Impfung
Gegen M.hyo sind in Deutschland verschiedene Impfstoffe erhältlich. Es werden Präparate für verschiedene Impfzeitpunkte angeboten, zur einmaligen oder zweimaligen Impfung, zur intramuskulären und intradermalen Impfung, mit der Möglichkeit der Kombination und inzwischen auch gebrauchsfertige Kombinationsimpfstoffe. Welches Schema für welchen Betrieb den besten Erfolg bei vertretbarem Aufwand verspricht, muss in Zusammenarbeit mit dem Hoftierarzt individuell entschieden werden.
Die Impfungen können Infektionen nicht verhindern, aber die Schadwirkungen des Erregers deutlich verringern und so die Erträge in den Beständen erheblich verbessern. In der Praxis konnten eine verbesserte Futterverwertung, eine Verkürzung der Mastperiode, gleichmäßigere Schlachtpartien, eine Reduzierung von klinischen Symptomen und Lungenläsionen sowie geringere Behandlungskosten in geimpften Beständen verzeichnet werden.6 Es gibt Hinweise darauf, dass planmäßige Impfungen im Bestand die Erregerlast und damit den Infektionsdruck nach einigen Monaten senken können. Aus diesen – vorwiegend wirtschaftlichen – Gründen hat sich die Impfung gegen M.hyo in den letzten 20 Jahren als unverzichtbare Standardimpfung etabliert.
Behandlung
Die Therapie einer akuten EP gestaltet sich zunächst nicht schwierig, stößt aber schnell an ihre Grenzen. M.hyo reagiert in vitro empfindlich auf viele antibiotische Wirkstoffe. Zur Anwendung in der Praxis kommen meist Tetrazykline und Makrolide. Daneben sind zum Beispiel auch Lincosamide, Pleuromutiline, Fluorquinolone, Florfenicole, Aminoglykoside und Aminocyclitole potenziell wirksam gegen Mycoplasmen. Da Mycoplasmen keine Zellwand haben, sind sie unempfindlich gegenüber Wirkstoffen, deren Angriffspunkt die Zellwand ist, wie z.B. β-Lactam-Antibiotika (angeborene Resistenz gegenüber Penicillinen und Cephalosporinen). Aufgrund der komplizierten Anzüchtung von M.hyo gibt es kaum Erkenntnisse über das Vorkommen von erworbenen Resistenzen des Erregers gegen bestimmte Antibiotika oder Antibiotika-Gruppen.
Der Antibiotika-Einsatz kann weder Infektionen noch Rückfälle nach dem Absetzen der Medikation verhindern. Darüber hinaus müssen insbesondere bei Mastschweinen Rückstandsproblematik und Wartezeit beachtet werden. Akut erkrankte Tiere müssen im Sinne des Tierschutzes aber behandelt werden. Durch eine rasche und effektive Therapie werden die Leistungseinbußen gering gehalten und eine weitere Ausbreitung im Bestand unterbunden.
Unterschiedliche Eradikationsmodelle wurden beschrieben, stellen aber hohe Anforderungen an die Biosicherheit des Betriebes und bergen die potenzielle Gefahr einer Reinfektion.vi
Haltung / Hygiene
Zur erfolgreichen Kontrolle von M. Hyo im Bestand ist neben Impfmassnahmen eine Optimierung von Haltung und Hygiene unerlässliche Voraussetzung. Verschiedene Veröffentlichungen der letzten Jahre haben sich mit den Risikofaktoren für EP beschäftigt.7,8
1. Optimierung der Haltungsbedingungen: Temperatur, Lüftung, Futter, Management.
2. Rein-Raus-Verfahren, um das Zirkulieren des Erregers zwischen verschiedenen Altersgruppen im Bestand effektiv zu unterbrechen.
3. Ein konsequenter Schutz vor Parasiten und viralen Infektionen (z.B. PRRSV und PCV2).
i Vasconcelos AT et al. Swine and poultry pathogens: the complete genome sequences of two strains of Mycoplasma hyopneumoniae and a strain of Mycoplasma synoviae. J Bacteriol 2005 187:5568-77.
ii Dworkin M, Falkow S, Rosenberg E, Schleifer K-H, Stackebrandt E , editors The Prokaryotes. A Handbook on the Biology of Bacteria. 3rd ed. vol. 4: Bacteria: Firmicutes, Cyanobacteria. Springer, New York, NY 2006,
iii Selbitz H-J, Truyen U, Valentin-Weigand P Tiermedizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre 9th ed. MVS Medizinverlage Stuttgart 2010
iv Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) Mycoplasma hyopneumoniae http://www.laves.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=20132&article_id=73380&_psmand=23 Aufruf 27.08.2013
v Straw B. E. Estimation of the cost of pneumonia in swine herds. J Am Vet Med Assoc. 1989 Dec 15;195(12):1702-6.
vi Maes D et al. Control of Mycoplasma hyopneumoniae infections in pigs. Vet Microbiol. 2008 Jan 25;126(4):297-309.
7 Nathues et al.: Herd specific risk factors for Mycoplasma hyopneumoniae infections in suckling pigs at the age of weaning Acta Veterinaria Scandinavica 2013, 55:30
8 Grosse Beilage et al.: Seroprevalence and risk factors associated with seropositivity in sows from 67 herds in north-west Germany infected with Mycoplasma hyopneumoniae Preventive Veterinary Medicine 88 (2009) 255–263
Quelle: MSD Tiergesundheit
RUBRIK WISSEN
Der Erreger
Mycoplasma hyopneumoniae (M.hyo) ist als Primärerreger der Enzootischen Pneumonie (EP) einer der weltweit am weitesten verbreiteten und ökonomisch bedeutendsten Krankheitserreger des Schweins.
Mycoplasmen sind die kleinsten freilebenden und selbständig vermehrungsfähigen Organismen. Das winzige Genom von M.hyo umfasst je nach Stamm nur zwischen 893 und 920 Kilobasenpaarei (Zum Vergleich: das Genom von E. coli ist mehr als 5x so lang). Im Gegensatz zu anderen Bakterien fehlt diesem Erreger eine echte Zellwand, was ihn unempfindlich gegen viele herkömmliche antibiotische Wirkstoffe macht. Aufgrund seines komplexen Nährstoffbedarfs und des hohen Kontaminationsrisikos der Kulturen ist M.hyo nur schwer anzuzüchten, wächst außerordentlich langsam und bildet sehr kleine Kolonien, die im Gegensatz zu anderen Mycoplasmenspezies nicht die sonst typische spiegeleiartige Kolonieform aufweisen.ii
Infektion
Die Übertragung von M.hyo erfolgt als Tröpfcheninfektion von Tier zu Tier oder über erregerhaltige Aerosole der Atemluft, die über Entfernungen von mehreren Kilometern Infektionen verursachen können.4 In M.hyo-negativen Beständen stecken sich Schweine aller Altersgruppen an. In Herden, in denen der Erreger seit längerem präsent ist, infizieren sich vor allem Ferkel in den ersten Lebenswochen.
Der Kontakt unterschiedlicher Altersgruppen untereinander hat sich als besonderer Risikofaktor erwiesen. Hier zirkuliert der Erreger nicht selten zwischen den Sauen, Ferkeln und Jungsauen sowie später in der Mast zwischen frisch eingestallten Läufern und Schweinen in der Endmast. Tatsächlich infizieren sich die Schweine zwar meist im Ferkelalter, sie erkranken aber häufig erst nach der Umstallung in die Mast. Klinisch manifeste Erkrankungen im Ferkelalter kommen vor allem in Beständen mit kontinuierlicher Belegung, hoher Erregerlast bei den Sauen und gleichzeitiger Zirkulation von PRRSV vor.
Erkrankung
Seine krankmachende Wirkung beginnt M.hyo auf der Oberfläche der Schleimhäute der oberen Atemwege von der Luftröhre bis zu den Bronchiolen, wo er sich an der Oberfläche der Flimmerhärchen (Zilien) anheftet. Die Zilien spielen eine zentrale Rolle bei der Abwehr von Atemwegserkrankungen, indem sie die oberen Atemwege ständig von eindringenden Krankheitskeimen, Schmutz und Staub frei halten (mukoziliäre Clearance). In der Folge führt der Erreger zu degenerativen Veränderungen und schließlich zum Verlust der Zilien. Diese können ihre Reinigungsfunktion nicht mehr ausüben und die Ansiedlung anderer Pathogene wird erleichtert. Darüberhinaus werden die lokalen Abwehrmechanismen der Lunge durch verschiedene immunsuppressive und immunpathologische Effekte geschädigt und begünstigen Sekundärinfektionen zusätzlich.iii,iv
M.hyo fungiert darüber hinaus durch seinen negativen Einfluss auf das Abwehrsystem des Schweines als Wegbereiter für Sekundärinfektionen mit anderen Pathogenen wie beispielsweise dem Porcine Respiratory and Reproductive Syndrome Virus (PRRSV) oder dem Porcinen Circo Virus Typ2 (PCV2) sowie bakteriellen Erregern, wie Pasteurella multocida, Bordetella spp., Actinobacillus spp. und Hämophilus parasuis.
Die Symptome einer EP sind unspezifisch und unspektakulär. Sie ist durch eine milde Lungenentzündung (Pneumonie) mit trockenem Husten als Hauptsymptom und einem chronischen Verlauf mit hoher Durchseuchungsrate (Morbidität) bei geringer Sterblichkeit (Mortalität) gekennzeichnet.
Obwohl die EP bei Schweinen jeden Alters auftreten kann, wird sie hauptsächlich bei Mastschweinen klinisch sichtbar. Nach einer Inkubationszeit von ein bis drei Wochen ist trockener Husten, der v.a. beim Auftreiben der Schweine zu hören ist („Begrüßungshusten“), zunächst das einzige klinische Symptom. Dieser Husten kann über ein bis zwei Monate andauern. Pathologisch ursächlich für die Symptomatik ist eine katarrhalische Pneumonie mit Exsudat in den Luftwegen. Bei der Sektion fallen makroskopisch sichtbare, scharf abgegrenzte Läsionen in den Spitzen- und Mittellappen der Lunge auf. Da sich die Infektion von Schwein zu Schwein fortpflanzt, kann die jeweilige Gruppe über die gesamte Mastdauer krank erscheinen. Insbesondere im Zusammenhang mit Sekundärinfektionen nimmt die Futteraufnahme ab und die durchschnittlichen Tageszunahmen sinken.
Als Goldstandard für die Diagnose einer Mycoplasmen-Pneumonie gilt die Kultur von M.hyo, die aber aufgrund der Schwierigkeiten bei der Anzüchtung nicht zur Routinediagnostik genutzt wird. Ein Nachweis von Antikörpern im Blut ist zwar einfach, hat aber wenig Aussagekraft und ist zu diagnostischen Zwecken nur bei hoher Stichprobenanzahl oder zur Ausschlußdiagnostik in negativen Beständen geeignet. Der direkte Erregernachweis erfolgt heute meist über eine Polymerasekettenreaktion (PCR), die zwar die Anwesenheit von M.hyo nachweist, aber keine Schlußfolgerung darüber erlaubt, ob der Erreger für das beobachtete klinische Bild verantwortlich gemacht werden kann. Ursächlich beweisend für die Erkrankung ist ein solcher direkter Erregernachweis nur in Verbindung mit dem typischen klinischen, pathologisch-anatomischen und histologischen Bild (Mosaikdiagnostik).
Begleitfaktoren
Sekundärinfektionen mit bakteriellen Ko-Erregern wie Pasteurella multocida, Bordetella bronchiseptica, Hämophilus parasuis oder Actinobacillus pleuropneumoniae können zu einer komplizierten Pneumonie mit feuchtem Husten, hohem Fieber und schwerer Atemnot, Brustfell- und Herzbeutelentzündung führen. Auf der anderen Seite beeinflusst die Infektion mit M.hyo auch die Dauer und Schwere von viralen Erkrankungen negativ, wie zum Beispiel PRRS oder Circovirose. So kann es zu schweren Krankheitsverläufen mit Fieber, Lethargie, Atemnot und Appetitlosigkeit bis hin zu Todesfällen kommen.
Die Ausprägung der klinischen Symptome hängt nicht nur von Sekundärinfektionen mit anderen Pathogenen ab, sondern wird ganz entscheidend von den Haltungsbedingungen, dem Stallklima und mutmaßlich auch der Virulenz der verschiedenen Stämme von M.hyo beeinflußt.4
Man schätzt, dass sich die jährlichen wirtschaftlichen Verluste durch Infektionen mit M.hyo weltweit in Millionen- bis Milliardenhöhe bewegen. In einem Übersichts-Artikel kommen die Autoren beim Vergleich verschiedener Untersuchungen von Schweineherden mit EP auf einen durchschnittlichen Rückgang der täglichen Zunahmen von 17% und einer durchschnittlichen Abnahme der Futterverwertung um 14%.v Zum Verlust am Ertrag und den Futterkosten kommen die Kosten für Diagnostik und Behandlung der Tiere.
RUBRIK MASSNAHMEN
Impfung
Gegen M.hyo sind in Deutschland verschiedene Impfstoffe erhältlich. Es werden Präparate für verschiedene Impfzeitpunkte angeboten, zur einmaligen oder zweimaligen Impfung, zur intramuskulären und intradermalen Impfung, mit der Möglichkeit der Kombination und inzwischen auch gebrauchsfertige Kombinationsimpfstoffe. Welches Schema für welchen Betrieb den besten Erfolg bei vertretbarem Aufwand verspricht, muss in Zusammenarbeit mit dem Hoftierarzt individuell entschieden werden.
Die Impfungen können Infektionen nicht verhindern, aber die Schadwirkungen des Erregers deutlich verringern und so die Erträge in den Beständen erheblich verbessern. In der Praxis konnten eine verbesserte Futterverwertung, eine Verkürzung der Mastperiode, gleichmäßigere Schlachtpartien, eine Reduzierung von klinischen Symptomen und Lungenläsionen sowie geringere Behandlungskosten in geimpften Beständen verzeichnet werden.6 Es gibt Hinweise darauf, dass planmäßige Impfungen im Bestand die Erregerlast und damit den Infektionsdruck nach einigen Monaten senken können. Aus diesen – vorwiegend wirtschaftlichen – Gründen hat sich die Impfung gegen M.hyo in den letzten 20 Jahren als unverzichtbare Standardimpfung etabliert.
Behandlung
Die Therapie einer akuten EP gestaltet sich zunächst nicht schwierig, stößt aber schnell an ihre Grenzen. M.hyo reagiert in vitro empfindlich auf viele antibiotische Wirkstoffe. Zur Anwendung in der Praxis kommen meist Tetrazykline und Makrolide. Daneben sind zum Beispiel auch Lincosamide, Pleuromutiline, Fluorquinolone, Florfenicole, Aminoglykoside und Aminocyclitole potenziell wirksam gegen Mycoplasmen. Da Mycoplasmen keine Zellwand haben, sind sie unempfindlich gegenüber Wirkstoffen, deren Angriffspunkt die Zellwand ist, wie z.B. β-Lactam-Antibiotika (angeborene Resistenz gegenüber Penicillinen und Cephalosporinen). Aufgrund der komplizierten Anzüchtung von M.hyo gibt es kaum Erkenntnisse über das Vorkommen von erworbenen Resistenzen des Erregers gegen bestimmte Antibiotika oder Antibiotika-Gruppen.
Der Antibiotika-Einsatz kann weder Infektionen noch Rückfälle nach dem Absetzen der Medikation verhindern. Darüber hinaus müssen insbesondere bei Mastschweinen Rückstandsproblematik und Wartezeit beachtet werden. Akut erkrankte Tiere müssen im Sinne des Tierschutzes aber behandelt werden. Durch eine rasche und effektive Therapie werden die Leistungseinbußen gering gehalten und eine weitere Ausbreitung im Bestand unterbunden.
Unterschiedliche Eradikationsmodelle wurden beschrieben, stellen aber hohe Anforderungen an die Biosicherheit des Betriebes und bergen die potenzielle Gefahr einer Reinfektion.vi
Haltung / Hygiene
Zur erfolgreichen Kontrolle von M. Hyo im Bestand ist neben Impfmassnahmen eine Optimierung von Haltung und Hygiene unerlässliche Voraussetzung. Verschiedene Veröffentlichungen der letzten Jahre haben sich mit den Risikofaktoren für EP beschäftigt.7,8
1. Optimierung der Haltungsbedingungen: Temperatur, Lüftung, Futter, Management.
2. Rein-Raus-Verfahren, um das Zirkulieren des Erregers zwischen verschiedenen Altersgruppen im Bestand effektiv zu unterbrechen.
3. Ein konsequenter Schutz vor Parasiten und viralen Infektionen (z.B. PRRSV und PCV2).
i Vasconcelos AT et al. Swine and poultry pathogens: the complete genome sequences of two strains of Mycoplasma hyopneumoniae and a strain of Mycoplasma synoviae. J Bacteriol 2005 187:5568-77.
ii Dworkin M, Falkow S, Rosenberg E, Schleifer K-H, Stackebrandt E , editors The Prokaryotes. A Handbook on the Biology of Bacteria. 3rd ed. vol. 4: Bacteria: Firmicutes, Cyanobacteria. Springer, New York, NY 2006,
iii Selbitz H-J, Truyen U, Valentin-Weigand P Tiermedizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre 9th ed. MVS Medizinverlage Stuttgart 2010
iv Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) Mycoplasma hyopneumoniae http://www.laves.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=20132&article_id=73380&_psmand=23 Aufruf 27.08.2013
v Straw B. E. Estimation of the cost of pneumonia in swine herds. J Am Vet Med Assoc. 1989 Dec 15;195(12):1702-6.
vi Maes D et al. Control of Mycoplasma hyopneumoniae infections in pigs. Vet Microbiol. 2008 Jan 25;126(4):297-309.
7 Nathues et al.: Herd specific risk factors for Mycoplasma hyopneumoniae infections in suckling pigs at the age of weaning Acta Veterinaria Scandinavica 2013, 55:30
8 Grosse Beilage et al.: Seroprevalence and risk factors associated with seropositivity in sows from 67 herds in north-west Germany infected with Mycoplasma hyopneumoniae Preventive Veterinary Medicine 88 (2009) 255–263
Quelle: MSD Tiergesundheit